Festakt

 

Grußwort von Dr. Hans Fittje,

stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Edewecht

 

Sehr geehrte Frau Bruns,

Dr. Eckardt, Herr Pastor Neubauer,

Frau Wachtmeester, stellvertretend für das Vorbereitungsteam,

liebe Klein Scharreler

liebe Gäste!

Klein Scharrel hat sich in der Vorbereitung zu diesem Jubiläum verändert. Überraschende Objekte, z.B. Schafe an verschiedenen Plätzen sorgen für Verblüffung und Erheiterung. So ein bisschen erinnert mich das an die Bücher von Sven Nordquist über Petterson und seinen Kater Findus. Es ist originell und macht neugierig.

Darum schon an dieser Stelle der Dank an die Organisatoren dieses Jubiläums. Sie haben sich etwas Originelles einfallen lassen und ein Jubiläum auf den Weg gebracht, dass gestern einen Höhepunkt mit dem ausverkauften „Rudelsingen" hatte und heute einen weiteren mit dieser Feier. Das Singen muss für viele Teilnehmer ein tolles Erlebnis gewesen sein. Mir wurde berichtet, dass es viele ehemalige Klein Scharreler zu einem Wiedertreffen genutzt haben. Eine Super-Idee und Super-Veranstaltung.

Das Alles spricht sehr für den Ort, das Engagement des Ortsbürgervereins und vieler anderer aktiv Beteiligter. Dafür noch einmal der Dank der Gemeinde.

Auf die Geschichte des Ortes Klein Scharrel will ich in meinem Beitrag nicht eingehen, obwohl sich das bei einem solchen Jubiläum anbietet. Das kann Herr Prof. Eckhardt viel kompetenter als ich.

Allerdings kann ich mir ein paar Sätze nicht verkneifen. Ich zitiere etwas gekürzt aus einem Buch von Johann Gottfried Hoche, der diese Region kurz vor 1800 bereist hat. Er gibt uns seinen sehr subjektiven Eindruck von dieser Landschaft und den Menschen. Das passt zeitlich gut zu dem Jubiläum, das sich auf das Jahr 1794 bezieht.

Hoche schreibt über die Landschaft und deren Bewohner: ,,Man glaubt in den Steppen Sibiriens zu sein, wenn man die Haiden durchwatet ... Alles ist öde und still, nicht ein Vogel singt sein Morgenlied und ergötzt das Ohr des Wanderers. Nicht ein Baum, nicht ein Busch bietet ihm Schatten dar .... Halb verdorrte Birken oder Kiefern, die dem Auge in der Ferne eine Leichenfarbe zeigen, Vertiefungen von Torfmoor greifen widrig in seine Empfindungen ein. Bald wandelt man auf einem schwankenden Boden, bald hat man Mühe den Fuß aus dem Sande zu erheben, dann geht man durch ein halb verhungertes Getreide, auf einem Acker der den Haiden geraubt wurde .... Wenn man einige Meilen in diesem ... lande gewandert ist, so freuet man sich am fernen Horizont einige Bauernhütten zu sehen; kommt man näher, so stehen sie einsam und verlassen, nicht einmal Bäume umgeben sie zum Schutz gegen Stürme .... Das Dach ruhet beinahe auf der Haide, woraus es selbst gemacht ist. Tritt man hinein, so findet man eine Hütte, die keine Bequemlichkeit, nur kärglichen Schutz gegen die Witterung darbietet. Fremde sind den Einwohnern seltene Erscheinungen, die sie anstaunen und bewundern."

Und wovon leben die Einwohner: ,,In diesen Haiden sieht man hin und wieder einige Schafställe aufgebauet worin die Haidschnucken, mit krummen Hörnern, Schutz vor Stürmen finden.

Hoche äußert sich auch über den Fleiß der Bewohner: ,,Die Arbeitsamkeit der Einwohner ist eine Folge der Einsamkeit und der Notwendigkeit zugleich, denn „die Langeweile ist immer eine Qual für die Menschen".

Man bekommt Mitleid mit den ersten Siedlern. die dieses Fleckchen Erde mitten im Moor zu ihrer Heimat wählten. Aber trotz aller Härten war dies ihre Heimat.

Genau am 30.6.2019 ist Klein Scharrel die Heimat von 1242 Einwohnern. Da hat sich dann ja wohl einiges getan in den vergangenen 225 Jahren.

Heimat ist ein Begriff, der in diesen Zusammenhang gehört. Aber der Begriff Heimat ist durchaus problematisch. Obwohl wir inzwischen sogar ein Heimatministerium in Berlin haben. Heimat kann in verschiedenen Bedeutungen verwendet werden.

Heimat kann benutzt werden um andere auszugrenzen. Dann betone ich meine Zugehörigkeit zu einem Ort oder eine Gruppe von Menschen im Gegensatz zu den „Anderen", die nicht dazu gehören.

Heimat kann aber auch ganz anders verstanden werden. Sie ist der Ort mit dem ich vertraut bin. Hier wohnen meine Freunde, meine Nachbarn, meine Familie. Hier ist mein Lebensmittelpunkt und das ist mehr als die Postadresse. Oder in gereimten Versen:

Der Mensch braucht ein Plätzchen

Und wär's noch so klein

Von dem er kann sagen

Sieh! Dieses ist mein

Hier leb' ich. hier lieb' ich,

hier ruh' ich mich aus

Hier ist meine Heimat

Hier bin ich zu haus.

 

Heimat gibt ein Gefühl der Sicherheit. Hier kann ich Ruhe finden, kann so sein wie ich gerne sein möchte. 

Das klingt jetzt vielleicht sehr abgehoben, hat aber einen direkten Bezug zu Klein Scharrel.

Klein Scharrel ist eine Ortschaft, die vor 225 Jahren aus kleinsten Anfängen mit wenigen Einwohnern entstanden ist. Ureinwohner dieses Ortes, Familien, die immer schon hier wohnten gibt es nur ganz wenige oder auch gar nicht. Fast alle, die heute hier leben sind irgendwann vor 200, 100, 50 Jahren oder in den letzten Jahren zugezogen. Es gab Wellen: Moorkultivierung um 1900 - heute würde man eher sagen: Moorzerstörung-, Vertriebene und Flüchtlinge nach den Weltkriegen, Zuzüge nach dem Fall der Mauer.

Oder gegenwärtig aus ganz anderen Motiven. Klein Scharrel liegt an der B 401 und hat gute Verbindungen nach Oldenburg, nach Süden über Wardenburg oder ins Emsland und weiter. Die Mieten und Preise für Häuser und Wohnungen sind niedriger als in den Zentren oder aber der Weg zur Arbeit ist von hier aus am kürzesten.

Die Gründe des Zuzugs sind letztlich nicht von Bedeutung. Wer hier lebt und teilnimmt, sich vielleicht sogar sich in das Dorfleben einbringt, mitmacht, Mitglied in einem Verein wird, der ist automatisch ein Klein Scharreler.

Klein Scharrel hat ein lebendiges Vereinsleben. Einen Ortsbürgerverein, den Turn und Sportverein, das Landvolk und den Schützenverein Klein Scharrel. Angebote genug, um sich in seiner individuellen Heimat sein Leben zu gestalten.

Und was ist Klein Scharrel heute für unsere Gemeinde?

Sicher mehr als eine Ansammlung von Gebäuden, die 1242 Bürgerinnen und Bürger beherbergen. Mehr als der finanzielle Gewinn, den die Gemeinde an ihrem Anteil an verschiedenen Steuern hat.

Die Bedeutung von Klein Scharrel liegt in den hier lebenden· Menschen. In ihren Wünschen, Hoffnungen, Erwartungen.

Daraus ergeben sich die Aufgaben für die Politik, und ganz besonders für die Gemeinde - wir haben den unmittelbaren Kontakt zum Bürger - sich für ihre Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Ihnen ein Wohnumfeld zu schaffen, dass lebenswert ist. Dazu gehört eine ganze Menge. Z. B. Kinderkrippen und -gärten, Schulen in erreichbarer Nähe, Arbeitsplätze, Freizeiteinrichtungen, Öffentlicher Personennahverkehr (Bürgerbus), Sicherheit durch Rettungsdienst und Feuerwehr, Straßenverbindungen und vieles mehr.

Nicht zuletzt und mit immer größerer Bedeutung eine gesunde Umwelt, die zu schützen und zu erhalten mehr denn je Aufgabe der Gemeinde ist.

Kindergärten und Schulen sind nicht vor Ort. Einkaufsmöglichkeiten nur eingeschränkt vorhanden und eine Ortsfeuerwehr gibt es hier auch nicht. Daran wird sich auch wahrscheinlich nichts ändern. Ist Klein Scharrel deshalb ein armes Dorf? Ganz sicher nicht, wie beispielhaft dieses Jubiläum zeigt.

Umso wichtiger ist die Arbeit der Vereine. Sie schaffen den Zusammenhalt des Ortes. Vereine haben eine wichtige soziale Funktion. Sie sind Orte der Gestaltung und Orte des Austauschs. In den Vereinen findet ein wesentlicher Teil des sozialen Lebens statt.

Darum ist es wichtig, sich in Klein Scharrel einem Verein anzuschließen. Mit Landvolk, Turn und Sportverein, Schützenverein und Ortsbürgerverein ist das Angebot groß.

Die Gemeinde honoriert dieses Engagement mit ihrer Vereinsförderung. Und damit komme ich zum Schluss meiner Ausführungen und darf für die Gemeinde eine Zuwendung an den Ortsbürgerverein übergeben.

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